Über Potentiometer und verschiede Arten der Lautstärkeregelung
Zur Regelung der Lautstärke ist ein Spannungsteiler nötig, der nur bestimmte Anteile des Pegels einer Vorstufe zur Endstufe eines Gerätes durchlässt. Die einfachste Variante dieses Spannungsteilers ist ein Potentiometer oder auch kurz Poti genanntes mechanisches Stellglied.
Das Poti
Ein Poti zur Lautstärkeregelung kann man sich als einen „nackten“ Widerstand vorstellen. Dieser ist mit der einen Seite an das Signal der Quelle ange-schlossen, die andere Seite liegt an Masse. Auf der Oberfläche dieses Widerstands kann ein mechanischer Schleifer bewegt werden. Ist er näher an der Seite der Quelle ist das Signal lauter, ist er näher an der Masse-Seite ist das Signal leiser. Liegt der Schleifer direkt auf Masse, ist das Signal „weg“. Es ist unschwer vorstellbar, das solch ein mechanisches Stellglied mit mehr oder weniger grossem Aufwand hergestellt werden kann. Die Widerstandsbahnen können aus besserer oder schlechterer Kohle, aus Keramik oder Leitplastik sein, die Schleifer aus einfachem oder besonderem Material, einfacher oder spezieller geformt. Für Stereoanwendungen ergeben sich weitere Komplikationen, denn die Widerstandsbahnen müssen für den linken und rechten Kanal möglichst gleich sein (schwierig) und sich am besten räumlich getrennt in unterschiedlichen Kammern befinden. Um einen problemlosen Betrieb über Jahre sicherzustellen sollten die Oberflächen der Widerstandsbahnen möglichst hart und glatt sein. Die Schleifer sollten wenigstens an den Kontaktflächen aus besonderem Material wie Silber oder Gold sein. Das Poti ist mit speziellem Fett gefüllt. Alterung und Materialabrieb lassen ein Poti früher oder später kratzen, weil der Schleifer nicht mehr akkurat auf der Widerstandsbahn sitzt. Wer jetzt meint, dem Poti mit Kontaktspray etwas Gutes zu tun liegt restlos falsch. Durch das Spray wird das Fett aufgelöst, das Poti kratzt zwar Anfangs nicht mehr, nach kurzer Zeit aber umso schlimmer.
Die Anforderungen an die Mechanik sind ebenfalls hoch. Die Achsen sollten nicht wackeln, ein „sattes“ Drehgefühl ist genauso erstrebenswert wie ein identisches Drehmoment bei Geräten mit mehreren Potis.
Durch mechanische Massnahmen innerhalb des Potis können Rasterungen realisiert werden um eine (Re-)Positionierung zu erleichtern:
- für die Lautstärke wird gern eine 31- oder 41-fach Rasterung genommen,
- ein Balance-Poti hat oft eine Mittelrast,
- für die Klangregelung empfiehlt sich ein 13-fach Raster.
Diese Rasterungen haben nicht mit den Stufen eines Stufenschalters zu tun! Sie dienen lediglich einer besseren Positionierbarkeit und vermitteln ein gewisses Präzisionsgefühl.
Prinzip bedingt stellt das Poti für die Quelle eine recht konstante und hohe Impedanz dar, für das nächste Stufe jedoch eine höchst variable. Um Störeinflüsse auszuschliessen sollte diese Impedanz jedoch ebenfalls klein sein. Das lässt sich nur mit zusätzlichem elektronischem Aufwand bewerkstelligen, am besten durch einen Pufferverstärker. Obiges ist ein Grund dafür, das passive Stellglieder im Signalweg meist mehr Probleme bereiten als lösen!
Potis gibt es im Weltmarkt (fast) beliebig günstig – für ein paar Cent, oder auch exorbitant teuer – für einige hundert Euro wie das Alps RK50. Der Markt für richtig gute Potis ist klein, deshalb haben Hersteller wie Noble oder Panasonic nichts mehr im Angebot. Das RK27 Poti von Alps ist das Mittel der Wahl wenn es um vernünftige Qualität zu einem akzeptablen Preis geht. Potis können recht einfach „automatisiert“ werden, indem man über ein Getriebe einen Motor anbaut. Eine Rutschkupplung sorgt dafür, das vorn per Hand gedreht werden kann während hinten der Motor läuft. Da Potis oft teuer sind und früher oder später anfällig werden wird schon lange über Ersatz nachgedacht:
Der Stufenschalter
Ein Stufenschalter kann recht gut als Poti-Ersatz dienen. Hier gibt es keine Widerstandsbahn sondern einen durch je zwei Widerstände pro Schaltstufe gebildeten Spannungsteiler.
Die Vorteile sind ein sehr guter Kanalgleichlauf, bei guter Qualität der Kontakte und einer nachhaltigen Konstruktion ist der Schalter langlebiger als ein Poti. Die Nachteile sind allerdings auch beträchtlich. Durch die begrenzte Anzahl der Stufen (12 oder 24) ist solch ein Stufenschalter nur bedingt zur Regelung der Lautstärke geeignet. Er ist auch teuer, speziell die 24-stufige Variante, aufwändig in der Herstellung, nicht automatisierbar.
Der elektronische Schalter
Ein elektronischer Schalter ist ein Element das von einem „recht hochohmigen“ Widerstand zu einem „recht niederohmigen“ Widerstand umgeschaltet werden kann. Die ersten Varianten dieser elektronischen Schalter hatten ein Problem mit dem „recht niederohmigen“ Zustand. Dieser war nämlich nicht wirklich niederohmig und variierte auch stark. Auch ist der „Schalter“ ein Feldeffekt-Transistor, der für nicht unwesentliche zusätzliche Verzerrungen verantwortlich sein kann.
Unter gewissen schaltungstechnischen Voraussetzungen können elektronische Schalter als Relais-Ersatz zum Beispiel zur Eingangsumschaltung verwendet werden. Es gibt inzwischen auch elektronische Schalter, die enger tolerierte „ON“-Widerstände haben. Trotz allem Fortschritt sind elektronische Schalter nur bedingt als Poti-Ersatz verwendbar.
Das Klang-Ergebnis ist - abgesehen davon das solch ein Schalter sicher nicht kratzt – meist nicht sehr Hi-Fidel, wegen der ins bodenlose gefallenen Preise jedoch eine günstige Alternative. Ein Vorteil ist auch die sehr einfache Automatisierbarkeit.
Der VCA
Der VCA ist ausgeschrieben ein „Voltage Controlled Attenuator“, also ein „spannungsgesteuerter Abschwächer“. Bekannt aus frühen Analog-Rechnern und dort auch Vier-Quadranten-Multiplizierer genannt, wurde er in den frühen 80er Jahren für die Audiotechnik weiterentwickelt. In der Studiotechnik kam er in Limitern und Noise-Gates zur Anwendung. Auch frühe Mischpult-Automationen bedienten sich des VCA.
Er produziert im dämpfenden Zustand nicht zeitgemässe Verzerrungen und ist deshalb für Hi-Fi untauglich. Die Steuerspannung des VCA ist recht klein (6mV pro dB Dämpfung) und damit für guten Kanal-Gleichlauf nur bedingt zu gebrauchen. Auch ist er nur mit recht viel Aufwand automatisierbar.
Monolithische integrierte Schaltkreise
Einen frühen Ansatz verfolgte Anfang der 80er Jahre Philips mit den Bausteinen TCA730 und TCA 740. Dies waren Chips die mit einfachen linearen Potis die Lautstärke, Balance, Höhen und Tiefen für zwei Kanäle regeln konnten. Die Idee dahinter war der Einsatz billigster Potis und eine reduzierte Verdrahtung. Leider hatten die ICs schon in den 80ern ihren Ruf als „Rausch- und Klirrgeneratoren“ weg. Für Hi-Fi absolut ungeeignet.
Der DCA
Der Fortschritt in der Chiptechnologie brachte seit Ende der 90er den DCA, er ist ausgeschrieben ein „Digital Controlled Attenuator“, also ein „digital steuerbarer Abschwächer“. Wobei der Abschwächer selbst analog ist, das Setzen der internen „Schalter“ erfolgt digital über Datenworte.
Intern ist ein DCA eine intelligente Kombination aus vielen elektronischen Schaltern, Präzisionswiderständen und Pufferverstärkern. Eines der ersten tauglichen Exemplare war der CS3310 von Cirrus Logic. Dieser und nachfolgende Bausteine sind zweikanalig und verfügen meist über 256 Stufen zu je 0,5 dB. Ein Schalten im Nulldurchgang der Welle ist vorgesehen und überhaupt ist die ganze Angelegenheit schon recht Hi-fidel was die Linearität, zusätzliches Rauschen und Klirren angeht. Eine Automatisierung ist sehr einfach durchführbar. Ein Nachteil des CS3310 ist, das er nur mit 5 V zu betreiben ist, die Aussteuerungsfähigkeit ist also eingeschränkt. Dies ist bei seinen diversen Derivaten teilweise verbessert worden. Der CS3310 und seine Kollegen werden oft und gern eingesetzt. Sie sind aber von ernsthaften Hi-End noch ein ordentliches Stück entfernt.
Der relaisgesteuerte Abschwächer (RCA)
Der „Relay Controlled Attenuator“, also der „relaisgesteuerte Abschwächer“ vereint die Vorzüge aller obiger Arten und vermeidet deren spezifische Nachteile.
Durch die Relais werden Widerstandskombinationen geschaltet, ähnlich dem Stufenschalter, jedoch mit deutlich mehr Stufen – ausserdem ist die Angelegenheit automatisierbar / fernbedienbar. Bei Lake People Violectric gibt es momentan eine 128-stufige Variante. Die Schrittweite ist 0,75 dB, sodass ein Regelumfang von 96 dB entsteht. Eine 256 stufige Variante mit einer Schrittweite zwischen 0,3 und 0,5 dB wäre natürlich auch möglich und wird zukünftig realisiert.
Natürlich sind keine 128 Relais pro Kanal beteiligt sondern es ergeben sich aus 27 durch 7 Relais pro Kanal 128 Kombinationen.
Die Vorteile:
- kein Kratzen weil keine Widerstandsbahn vorhanden ist
- beste Kanalgleichheit durch den Einsatz von 1% und 0,1 % Widerständen
- beste Übersprechdämpfung weil die Kanäle räumlich getrennt sind
- Regelbereich theoretisch grösser als bei einem Potentiometer
- Multikanalbetrieb sehr einfach realisierbar
- keine Gefahr von zusätzlichem Klirr oder Rauschen da nur Festwiderstände im Signalweg sind
Fazit: Der relaisgesteuerte Abschwächer ist die absolut beste Möglichkeit, die Lautstärke zu regeln!
Natürlich gibt es auch Nachteile
- es ist (leider) auch die technisch aufwendigste und damit teuerste Lösung
- mechanische Geräusche während der Einstellung
- teilweise leichte Tonstörungen und knacksen während der Einstellung